Wer wie ein Geschäftsführer Geschäfte der Gesellschaft führt, ohne als solcher bestellt zu sein, muss sich dabei bewusst sein, dass er für Pflichtverletzungen wie ein Gesellschaftsführer haften kann. Dabei kommt gegenüber der Gesellschaft eine Haftung analog gem. § 43 Abs. 2 GmbHG als sogenannter „faktischer Geschäftsführer“ in Betracht. Das hat unter anderem das Oberlandesgericht München so entschieden.
Urteil im Gesellschaftsrecht zur Treuepflicht des faktischen Geschäftsführers
In dem zugrundeliegenden Sachverhalt des Urteils hat ein Prokurist die Geschäfte der Gesellschaft ausschließlich und eigenständig geführt, während die bestellte Geschäftsführerin ihrerseits keiner Geschäftsführertätigkeit nachgegangen ist. In den Buchführungsunterlagen ergab sich keinerlei geschäftliche Tätigkeit der nominellen Geschäftsführerin, dafür trat der Prokurist als Geschäftsführer in Erscheinung.
Der Prokurist hatte ohne geschäftliche Veranlassung vom Konto der Gesellschaft Geld auf sein Privatkonto überwiesen. Nachdem sich die Gesellschaft in Liquidation befand, hat die Liquidatorin gegen die Erben des mittlerweile verstorbenen Prokuristen einen Anspruch auf Rückzahlung der durch den Prokuristen veranlassten Überweisungen geltend gemacht. Die Haftung der Betroffenen wurde vom OLG München in seiner Entscheidung bejaht.
Als sog. „faktischer Geschäftsführer“ gilt eine Person, wenn sich aus dem Gesamterscheinungsbild des Handelnden ergibt, dass er die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Auftreten gegenüber Geschäftspartnern maßgeblich in die Hand genommen hat. Wer als „faktischer Geschäftsführer“ auftritt, hat nach OLG München auch die Pflichten eines ordentlichen Geschäftsmannes zu erfüllen und für Verletzungen dieser Pflichten einzustehen. Dazu gehört auch die Treuepflicht, nach der ein Geschäftsführer in allen Angelegenheiten der Gesellschaft allein nach deren Wohl handeln muss. Er darf nicht zu seinem eigenen Vorteil tätig werden und zum Beispiel Geld ohne geschäftliche Veranlassung vom Gesellschaftskonto auf sein Privatkonto überweisen.
OLG München – Urteil vom 23.01.2019 – 7 U 2822/17
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