Ist ein Aufhebungsvertrag zum Arbeitsvertrag nur zur sofortigen Annahme möglich? Oder muss eine Bedenkzeit gewährt werden?

Fairness ist im Berufsalltag wichtig. Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zum Beispiel für die Verhandlungen arbeitsrechtlicher Verträge oder Aufhebungsverträge. Dies hat das Bundesarbeitsgericht 2019 mit einer Grundsatzentscheidung gefestigt: Wird vom Arbeitgeber bei Vertragsverhandlungen gegen das Fairnessgebot verstoßen, verhält er sich rechtswidrig. Unfair wäre zum Beispiel, wenn einer der Verhandlungspartner eine psychische Drucksituation ausnutzt, die es dem anderen schwer macht, eine überlegte Entscheidung zu treffen.
Ob ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns vorliege, ist nach Auffassung des BAG anhand der Gesamtumstände der konkreten Situation im Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass ein Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrages von der sofortigen Annahme seines Angebotes abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung dar.

Der Fall: Aufhebungsvertrag ohne Bedenkzeit

Im Streitfall erhob der Arbeitgeber gegenüber den im Verkauf beschäftigten Mitarbeiter den Vorwurf, er habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV abgeändert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Ihm wurde ein Aufhebungsvertrag zu sofortigen Unterzeichnung vorgelegt, der nach einer kurzen Pause auch unterschrieben wurde. Dem Mitarbeiter wurde, so behauptete er, eine außerordentliche Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt, sollte er nicht unterschreiben.

Dies empfand der Mitarbeiter als Verstoß gegen das Fairnessgebot. Mit seiner Klage hat der Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung angefochten. Das BAG entschied, dass vorliegend ein Aufhebungsvertrag ohne Bedenkzeit möglich sei und stellte fest, dass es an einer widerrechtlichen Drohung fehle. Ein verständiger Arbeitgeber hätte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen können. Die die Entscheidungsfreiheit des Mitarbeiters sei dadurch nicht verletzt worden.

BAG  Urteil vom 24.2.2022 – 6 AZR 333/21

Dieter Merz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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