Wird das Arbeitsverhältnis kurze Zeit nach einer vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildung beendet, so bedeutet dies trotz Rückzahlungsvereinbarung jedoch nicht unbedingt, dass der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten zurückzahlen muss. Die getroffene Rückzahlungsvereinbarung kann ggf. unwirksam sein, wie ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm zeigt.
Vor Gericht stritten die Parteien über die Verpflichtung des beklagten Mitarbeiters zur Erstattung der für ihn bezahlten Fortbildungskosten, da er sein Arbeitsverhältnis früher als in der Rückzahlungsklausel vereinbart beendet hat. Die Vereinbarung sah für die Beendigung „auf Wunsch des Mitarbeiters“ eine Erstattung vor und der Arbeitgeber forderte den Beklagten auf die von ihm verauslagten Kosten zurückzuzahlen.
Die Vorinstanz und das Landesarbeitsgerichts Hamm lehnten die Klage ab. Unter anderem wurde die Entscheidung damit begründet, dass die Formulierung „auf Wunsch des Mitarbeiters“ zu pauschal sei und den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Die Formulierung sei so zu verstehen, dass sie unterschiedslos jede Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung umfasse. Nach Ansicht des Gerichts muss jedoch eine Rückzahlungsklausel nach dem Grund des Ausscheidens differenzieren. Auch wenn der Arbeitnehmer kündigt, kann das in der Verantwortung des Arbeitgebers liegen, zum Beispiel bei Mobbing. Das sei bei der vorliegenden Klausel nicht berücksichtigt worden und daher sei sie unwirksam.
Der Fall veranschaulicht, dass bei der Formulierung der Fortbildungs- und Rückzahlungsvereinbarungen höchste Vorsicht geboten ist und stets die einschlägige Rechtsprechung beachtet werden muss. Neben der Differenzierung nach dem Grund des Ausscheidens des Arbeitnehmers vor Ablauf der Bindungsfrist muss auch die Bindungsdauer berücksichtigt werden. Ist diese unangemessen lang, so wirkt sich das ebenfalls auf die Wirksamkeit der Klausel aus.
In der Rechtsprechung haben sich folgende Grundsätze für eine zulässige Bindungsdauer etabliert: Bei einer Fortbildungszeit von bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung des Entgelts ist in der Regel eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig, bei bis zu zwei Monaten Fortbildung ist eine einjährige Bindung möglich. Bei drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung, bei sechs Monaten bis zu einem Jahr Fortbildungsdauer ist eine Bindung von bis zu drei Jahren denkbar. Bei einer Fortbildung von mehr als zwei Jahren ist eine Bindungsdauer von fünf Jahren zulässig. Bei diesen Grundsätzen handelt es sich allerdings um Richtwerte, sodass Abweichungen möglich sind.
Des Weiteren muss die Rückzahlungsverpflichtung sowie die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Ausbildung stehen. Ist die Weiterbildung beispielsweise nur innerbetrieblich von Nutzen, dann kann auch keine Erstattung der Kosten vom Arbeitnehmer verlangt werden. Ist sie dagegen von besonderer Qualität für den Arbeitnehmer und mit sehr hohen Kosten verbunden, könnte dies eine längere Bindungsdauer rechtfertigen.
Bei der Rückzahlungshöhe gibt es auch noch wichtige Aspekte zu beachten. Grundsätzlich können Arbeitgeber nur den Betrag zurückverlangen, den sie tatsächlich aufgewendet haben, höchsten jedoch den vereinbarten Betrag. Arbeitnehmer sind darüber hinaus umso geringer an den Fortbildungskosten zu beteiligen, je länger sie im Unternehmen bleiben und je größer der daraus resultierende Nutzen für den Arbeitgeber ist. Die Rückzahlungsvereinbarung muss daher eine anteilige Minderung der Erstattung enthalten. Die Rechtsprechung sieht dafür eine ausdifferenzierte monatliche Staffelung als sachgerecht an.
LArbG Hamm Urt. vom 11.10.2019, Az.: 1 Sa 503/19
Dieter Merz
Rechtsanwalt (Arbeitsrecht, Handelsrecht, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, Verkehrsrecht)
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