Volle Geschäftsraummiete trotz Betriebsschließung während des Corona-Lockdowns? Die gestrige Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Reduzierung der Gewerberaummiete aufgrund des Corona-Lockdowns wurde mit Spannung erwartet. Eine klare Entscheidung blieb aus. Aber der BGH hat sich mit seinem Urteil positioniert und die Grundpfeiler für zukünftige Entscheidungen gesetzt.
Die betriebsbedingten Schließungen durch die Corona-Pandemie stellten viele Unternehmen vor große Probleme: Die Einnahmen sind weggebrochen, Vertragspartner wollten dennoch die vereinbarten Zahlungen haben. Insbesondere im Gewerbemietrecht stellte dies sowohl Mieter als auch Vermieter vor rechtliche Unsicherheiten. Wir haben Sie bereits informiert: die Gerichte entschieden in den unteren Instanzen sehr unterschiedlich. Nun fällte der BGH sein erstes Urteil.
Der Fall: Mietzahlung für Gewerberäume während des Lockdowns
Ein Textilunternehmen musste im Frühjahr 2020 aufgrund der vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt erlassenen Allgemeinverfügungen seine Geschäfte grundsätzlich schließen, soweit die Allgemeinverfügungen keine Ausnahmen zuließen. Infolge der behördlich angeordneten Betriebsschließung entrichtete die Beklagte für den Monat April 2020 keine Miete. Die Klägerin, die Vermieterin der Räumlichkeiten, begehrte eine Mietzahlung in voller Höhe. Das Landgericht Chemnitz hat in seiner Entscheidung vom 26. August 2020 (Aktenzeichen: 4 O 639/20) die Beklagte zu einer Zahlung des gesamten Mietbetrags der Geschäftsräume von 7.854 EUR verurteilt. Das OLG Dresden hat auf Berufung der Klägerin im Urteil vom 24. Februar 2021 (Az.: 5 U 1782/20) die Klägerin zu einer Zahlung in Höhe von 3.720,09 EUR verurteilt. Das OLG begründete dies damit, dass es sich bei der Betriebsschließung während des Lockdowns um eine Störung der Geschäftsgrundlage handle, sodass die Miete um die Hälfte reduziert werden müsse. Dagegen legte die Klägerin Revision ein.
Urteil des BGH zur Anpassung der Miete aufgrund behördlich angeordneter Betriebsschließung
Der BGH hat nun das Urteil des OLG Dresdens aufgehoben und zurückverwiesen. Das Gericht hält eine Anpassung der Miete aufgrund einer behördlich angeordneten Betriebsschließung nach § 313 BGB zwar für möglich, aber eine allgemeine 50:50 Regelung sei dagegen zu pauschal und nicht in jedem Fall interessengerecht. Ein Mietmangel aufgrund der Allgemeinverfügung wurde dagegen ausgeschlossen, da sich an dem Zustand des Mietobjekts nichts geändert habe. Durch die Pandemie und den Lockdown sind jedoch Umstände aufgetreten, die bei Abschluss des Vertrages nicht vorhersehbar waren. Deshalb könnte es unter Betrachtung aller Umstände in diesem Fall nicht mehr zumutbar sein, an dem Vertrag zu den alten Bedingungen festzuhalten. Damit das möglich wird, müssen im Vorfeld die Interessen aller Beteiligten abgewogen werden. Dazu gehört zum Beispiel die Dauer der Geschäftsschließung und die Nachteile, die durch die Schließung entstehen. Ferner ist von Bedeutung, welche Maßnahmen der Mieter getroffen hat oder hätte treffen können, um die wirtschaftlichen Nachteile zu minimieren. Beispiele für solche Maßnahmen sind der Erhalt von Fördergeldern oder Versicherungssummen; wobei staatliche Darlehen außer Betracht bleiben müssen. Das OLG Dresden muss sich nun nochmals mit dem Fall befassen.
BGH Urteil zum Gewerbemietrecht vom 12.01.2022, Az. XII ZR 8/21
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